Juhu! Es ist da!
Ich habe mir ein Geburts-Horoskop anfertigen lassen und gleich noch ein zweites dazu. Sicher ist sicher.
Drei Wochen hat eine (wahrscheinlich in Jute gewickelte und mit Holzperlen behängte) Esoteriktante gebraucht, um meine Horoskope fertig zu machen. Dieser Zeitraum sollte für Qualität bürgen.
Ein Geburtshoroskop ist etwas anderes als die Seitenfüller in BILD: statt nur ein Sternzeichen anzugeben, bedarf es dazu des Geburtsortes, des konkreten Datums wie auch der genauen Zeit. Horoskope versuchen Rückschlüsse auf das zukünftige Leben mittels der Stellung der Planeten am Tag der Geburt zu ziehen. Soweit so wenig gut. Tag der Zeugung wäre praktischer, denn welche Aussagen lässt ein Kaiserschnitt schon zu?
Um zu schauen, ob ich auch das richtige Horoskop bekomme, habe ich unter einem anderen Namen, bei der gleichen Adresse noch ein weiteres bestellt.
An sich wollte ich das Horoskop von Joseph Goebbels – dumm nur, dass dieser zu früh geboren wurde, das würde auffallen. 1897 – mit 111 Jahren weiß man in der Regel, was die Zukunft für einen bereithält.
Was ist neben Goebbels naheliegender als Helmut Schmidt?
Genau! Dacht´ ich mir auch.
Also gab ich seinen Geburtstag, seinen Geburtsort, nicht jedoch den Zeitpunkt seiner Geburt an und wollte schauen, ob er sich denn an sein Horoskop gehalten hat. Überdies stellte sich mir die Frage: wer von uns beiden ist nun der Coolere?
Da die Horoskope jeweils sieben DIN-A4 Seiten umfassen, habe ich davon abgesehen, sie in ihrer Gänze wiederzugeben.
Diese Kombination von Planeten und Haus ist fast einmalig
Hui, das klingt schonmal gut! Schade nur, dass dieser Satz sowohl bei mir als auch Herrn Schmidt steht.
Er ist einfallsreich, gerissen , hat Scharfsinn, er ist schlau und diplomatisch. Ein geschickter und subtiler Redner. Er ist ein Diplomat.
Schwäche: Er ist kleinlich und kritisiert gerne, pedantisch und pingelig.
Klingt schon mal ganz gut, und weiter?
Schwäche: ... ein bitterer, feindlicher, unangenehmer und mißtrauischer Geist...
Tja, die Logik diktiert: die erste Aussage betrifft den Ex-Bundeskanzler und letztere meine Wenigkeit, nur ist es umgekehrt.
Langes wissenschaftliches Studium. Hohe Ideale. Er ist für Sprachen talentiert und profitiert davon, da er im Ausland lebt. ...beruflich erfolgreich im Ausland...
Wie es halt so ist, im eigenen Land gilt der Prophet nichts. Moment mal! Langes Studium? Schmidtchen war doch bei der Marine! Genau, der Text bezieht sich auch auf mich.
„Der Mond stellt Reaktion, unbewuße Vorbestimmung und das Selbstbildnis dar.“
Schwäche: Unterwürfigkeit, häufige Änderungen des Berufs, Reizbarkeit, Ärger, Besorgtheit. Er ist zu schüchtern.
Schwäche: ...Trägheit. Er ist leicht zu beeindrucken...
Yupp, Trägheit, da erkenn ich mich wieder.
Aber ob Helmut Schmidt wirklich zu schüchtern war?
Hat er jemals einen richtigen Beruf gehabt? Hmmm...
Leicht zu beeindrucken, das wäre ich auch gern!
...wird nie ein Führer sein, aber ist erfolgreich als rechte Hand einer wichtigen Person. In den meisten Fällen ist er ein Angestellter, Arbeiter.
Oh wei, Herr Schmidt! Sie haben ihren vorbestimmten Werdegang vollkommen verfehlt!
Nun gut, dies nur um die Schwächen aufzuzeigen. Nachdem die Sachbearbeiterin für Hokuspokus aus ihrem Assam-Tee-Delirium erwacht ist, fingen die Aussagen an, plötzlich Sinn zu ergeben:
Er ist anderen gegenüber und denen, die ihn umgeben, gleichgültig. Er ist nachlässig und unschlüssig. Er mag Extreme, Spiele und seine Ehrlichkeit ist biegsam.
Also mal ehrlich, besser kann auch ich mich nicht in drei Sätzen beschreiben. Für die ehrliche Biegsamkeit gibt es außerdem ´nen Sonderpunkt.
Merkur (Kommunikation): Demokrat, Philosoph, tolerant, Gesetze respektierend . Mag weite Reisen. Glaubt, daß er in allem etwas lernt..
Jawoll, das ist Helmut Schmidt
Er diskutiert, folgert und beurteilt. Dabei sind seine Überlegungen logisch und richtig.
Schwäche: ...er ist leicht reizbar... Er ist hart zu seinem Gegenüber und kritisiert gern. Er ist impulsiv und manisch.
Das hätte ich nie zu träumen gewagt, dass in meinem Horoskop das Wort „logisch“ auftaucht. Schön. Aber, soll ich das etwa sein?! Da passt:
Er mag Polemik, Kritik und vor allem zu widersprechen. Ihm fehlt Diplomatie und er neigt dazu, seine Energie zu zerstreuen....ebensogut wie (Venus: Emotions-Firlefanz):
...er lässt sich gern anbeten, genießt Schmeichelei und die Umgebung seines "Hofs"....aber das dürfte auf den einzig großen Politiker, den dieses Land hervorgebracht hat, ebenso zutreffen.
Bei folgendem Satz musste ich lachen, er ist aus meinem Horoskop, doch glaube ich, er beschreibt uns beide ziemlich gut:
Schwäche: er handelt bis zum Exzess im Kampf gegen moralische oder andere Prinzipien. Hat einen etwas revolutionären Geist, ist unerschrocken, aber anmaßend.
Yeah! Kampf der Moral, meinem alten Erzfeind! Das waren erst zwei Seiten, oha, machen wir es kurz:
Er ist jovial, mitteilsam, dynamisch, wohlwollend, altruistisch.
Altruistisch...jaja, ganz bestimmt. Du mich auch! Hippie-Hexe!
Unser geschätzter Ex-Kanzler hätte sich bei Sätzen wie:
„Er ist besonders anfällig für Alkohol, Medikamente und Drogen, anfälliger als die meisten. Sie müssen unbedingt vermieden werden!“ ebenfalls empört.
Ihm! Das Rauchen! Zu verbieten?! Niemals!
Er wird einen intellektuellen Beruf haben. Lehrberuf, Forschung, Philosophie, Mathematik. Kinder werden eine Quelle von Glück und Stolz sein.
Er ist ein Optimist und voll Enthusiasmus. Er kann jeder Situation mit einem Lächeln begegnen.
Oh! Das ist ja cool! Ich freu mich schon auf meinen Mathe-Lehrstuhl!
Wie man diesem unleserlichen Zitaten-Wust entnehmen kann, habe ich mein Geld auf den Kopp gehauen für sinnlose Allgemeinplätze, verquere Formulierungen und „Große sexuelle Aktivität“ (Schmidt und ich). Das Gute ist, so austauschbar wir beide sind, werde ich sicher bald Regierungs-Chef in Hamburg (oder Berlin) sein. Gut zu wissen.
Horoskope basieren auf einem einfachen Prinzip: man gibt einer Frau in Sackleinen 20 Euro sowie ein paar Daten, sie wühlt in Tabellen – und am Ende steht der Barnum-Effekt.
Dieser beschreibt ein psychologisches Phänomen, nachdem sich der Mensch allgemein bezogene Aussagen zu eigen macht. Was mich verwunderte, war die geringe Zahl der „sowohl-als-auch“-Formulierungen in beiden Horoskopen, ich hätte mehr erwartet. Dafür gab es unsäglich viel inhaltsleeres Gewäsch. Herrlich, hier sollte ich abkupfern. Mein Komplimente-Reservoir würde exponentiell anwachsen!
Des Weiteren kann man besagten Barnum-Effekt in den wunderbaren Tests der Frauenmagazine beobachten:
„Welches Strickwerk passt zu ihnen?“
„Welcher Sex-Typ sind sie?“
„Welcher Hollywood-Star passt zu ihnen?“
Da ich keine Zeit auf so etwas verwende, lass ich den Test meist weg, und les´ mir gleich die Antworten durch, um zu erfahren: aha, ich bin der Häkeltyp, mit einer gewissen Affinität für Jack Nicholson.
Krass! Ist mir noch gar nicht aufgefallen!
Tja, ohne Frauenmagazine wüsste ich gar nicht, wer ich bin.
Doch soll es durchaus Personen geben, die so etwas ernst nehmen, die Horoskope nicht aus bloßem Spieltrieb anfertigen lassen.
Was soll man von Leuten halten, die der Meinung sind, ihr Schicksal sei vom Tag ihrer Geburt bestimmt? Ist es nicht erschreckend, dass sich Menschen in so etwas ergeben? Was soll den Menschen, dieses höhere Wesen, auszeichnen, wenn jede einzelne seiner "freien" Entscheidungen von der Geburt konterkariert wird?
Er (also ich) liebt endlose Debatten mit Freunden, die seine Ideen nicht teilen. Die Diskussion kann zu Streit und sogar verbaler Gewalt führen.
Seh ich auch so...
Patch 1.1 (5. Janufembruar):
Da: die Schweine! Klauen meine Frauenzeitungsfragen!
Absatz 4, Zeile 6. Oh man! Auf nach Hamburg!
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