Sunday, April 20, 2014

Kanzeln zu Pflugscharen

Liebe Margot Käßmann (55),

War es auch schön für Sie? Ist ja schon schwierig, so als Pfarrer in der heutigen Zeit. Will man außerhalb des von Ihnen zitierten Chrismon oder meinetwegen Kreuz.net stattfinden, nun ja, dann eigentlich bloß zu Ostern oder zu Weihnachten.

"Hey, bald ist Ostern, lasst Mal was zu Religion machen, gibt´s diese Bischöfin noch? Ach, seit 2010 ohne Amt, egal. Machste ein Interview." 

So much for relevance.

Neben zwei, drei Anekdoten, die Sie wirklich sympathisch erscheinen ließen, haben Sie dann doch noch totalen Unsinn von sich gegeben. Ich verstehe zwar, dass sie als frühere Kirchenfürstin einen anderen Freiheitsbegriff haben, aber das Tanzverbot? Wirklich? In Afrika hungern Kinder, in London gieren Banker, im Döner ist Hähnchenfleisch, wir haben so viele Konflikte und Bürgerkriege wie seit langem nicht mehr, das soziale Ungleichgewicht wächst, und statt die 80 Zeilen, die man Ihnen einräumt sinnvoll zu nutzen, kommen Sie mit dem Tanzverbot?

 Das kann man so machen, klar. Nur dann isses halt scheiße.

Sie sagten wörtlich: “Was macht es so schlimm, einen Tag nicht zu tanzen?” Es tue der Gesellschaft gut, auch mal zur Ruhe zu kommen. 

Natürlich, einen Tag nicht tanzen, so schlecht wie ich tanze, traue ich mir das sogar zu. Aber wenn ich dann mal tanzen möchte, dann will ich auch tanzen. Ohne, dass mir eine Minderheit da rein redet. Wenn Sie Karfreitag innehalten möchten, bitteschön. Sie sind gläubig, das ist Ihr Ansatz, Ihre Privatsache, ich rede Ihnen da nicht hinein. Wäre nett, wenn Sie das auch so hielten.
Wissen Sie, diejenigen unter uns, die die ganze Woche über hart arbeiten...und ich meine Arbeiten, nicht für 90 Minuten irgendwelche Einlassungen auf ein zunehmend spärlicher werdendes Publikum herabregnen zu lassen...diejenigen, die sich nach einer harten Woche auf das Wochenende freuen, denen nehmen Sie die Freiheit.
Ich kann Mittwochs nicht tanzen, wenn ich Donnerstags früh raus muss.

Und zu Ostern? Ach, christliches Hochfest Papperlapapp. Ostern ist für die meisten doch Eier anmalen, Nester suchen und vier Tage frei. Vier Tage, in denen man nach Hause fährt, in denen man alte Freunde trifft...und Feiern geht.
Ach, geht ja gar nicht. Ist ja Tanzverbot. Na vielen Dank auch!

Käßmann: "Es tue der Gesellschaft gut, auch mal zur Ruhe zu kommen." 

So so, ich habe ein Jahr lang neben einer Kirche gewohnt. Wissen Sie, es ist nach einem Spätdienst relativ schwierig auszuschlafen, wenn um acht in der Früh die Glocken läuten. Sie mögen sich freuen, für mich ist es Lärmstress.

Aber wissen Sie, ich will Ihnen gar nicht böse sein. Es war ja bloß Ihre Meinung. Das interessiert nicht. Wäre nur schön gewesen, Sie hätten etwas Wichtiges beigetragen. So als Sprecherin einer relevanten gesellschaftlichen Gruppe. Naja. Ich war am Freitag tanzen. Es war sehr voll, weil nicht so viele Läden aufhatten. Ja, in dieser Hinsicht bringt Kirche die Menschen zusammen.

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