Thursday, July 10, 2008

Buntstifte

Wenn 22 Hauptschul-Abbrecher hinter einem Gegenstand herjagen, den man getrost als Tüte Wind bezeichnen kann, dann handelt es sich um ein Fußballspiel. Das wichtigste Charakteristikum eines solchen ist, dass die Sport-„Journalisten“ alle aktiv beteiligten mit Vornamen anreden, nach Belanglosigkeiten ausfragen und die Intersubjektivität vollends von ihrer Agenda streichen. Eine Wiese und 2 Tore gibt es auch, das tut nur nichts zur Sache. Zur WM konnte ich der Scheiße noch entkommen (Bikes und Drogen). Diesmal war ich fällig.
Eben hatte ich noch ein Referat gehalten und plötzlich: ... They forced me to take part in some public-viewing activities. Es kam zum Neuköllner Duell – Deutsche gegen Türken. Ich musste dahin. Ursprünglich wollten wir in die Feinkost gehen, allerdings tropfte der Regen durch das Wellblechdach, so dass wir ein paar Meter weiter auf dem Fußweg eines IrishPubs landeten. Trotz Sitzplatz war es mehr als unbequem, ich fühlte mich wie ein Wachsmalstift in einer Pappschachtel. Diverse Bier, welche ich vor allem über den Latz als auch in den Rachen bekam, endete in einem ungebremsten Redefluss meinerseits, ich unterhielt die Mädels und bekam noch die ersten beiden Tore (Bierdusche) mit. Die Halbzeit war mir bereits vollkommen gleich. Den Bildausfall konnte ich noch kommentieren, dass es jedoch ein drittes Tor gab, merkte ich nur, da ich wieder ein Bier über den Kopf bekam. Die Menschen, welche „ihren“ Sieg feierten - es hatte irgendwas von Party. Jeder trug den gleichen Gedanken im Kopf, in gewissem Maße fühlte man sich als Teil eine größeren Ganzen. Selbst im Dönerladen war diese Stimmung zu spüren. Es erinnerte mich an einen meiner Pilztrips, oder an die frühen Zeiten auf Teilen.
Die ungebremste Feierwut brach sich Bahn, man hätte bei dem Gehupe ohnehin keinen Schlaf gefunden. Uns zog es in die Innenstadt, zum Spizz. Einem Jazzclub, oder eher der moderat-coolen Variante eines solchen. Ich bekam mein Ginger-Ale nur zur Hälfte herunter, als ich die lokalen Erleichterungsanstalten aufsuchte (zum Thema Kloforschung: sehr schön gestaltet, großzügig angelegt, und sehr sauber). Ich hatte nicht damit gerechnet, meinem Abendessen schon so früh wieder zu begegnen. So viel hatte ich doch gar nicht getrunken?! Ich versuchte die Fassung zu wahren, zahlte und machte mich auf den Heimweg.
Am nächsten Morgen ging es mir keineswegs besser. Ich attestierte mir eine Alkoholvergiftung und ließ ich mich in die Klinik fahren. Das Gute daran war der Gedanke an eine tolle Heroin-Karriere, denn die Schwester meinte, ich hätte schöne Venen. Das hört man doch gern! Meine Selbstdiagnose war falsch. Nicht der Überfluss (an Alkoholika) war das Problem, sondern der Mangel. Dehydration und Elektrolytmangel. Schönes Ding.
Die letzten Tage (vielleicht auch Wochen) hatte ich mich zum großen Teil von Kaffee und Keksen ernährt. Wer stellt sich schon an den Herd, wenn er noch 5 Stunden schlafen muss? Ich bin das lebende Beispiel für die absolute Unsinnigkeit von Pausen und Erholung! Solang man im Stress ist, funktioniert man perfekt, kaum hat man ein paar Stunden zum feiern, wars das! Man behielt mich gleich da, doch statt leckerem Krankenhausmittagessen bekam ich einen Tropf und Schonkost. Die Schweine! Immerhin hatte ich den Rechner mit und konnte was für die Uni machen. Dachte ich, die Schwester war dagegen und so nutzte ich den ungesicherten HotSpot um die letzte Sopranos-Staffel herunter zu ziehen. Ich mag diese Dinger, die da über dem Bett hängen, diese dreieckigen Hochhangel-Haken, ist wie Klimmzüge im Liegen. Für das Spiel am Abend hatte man im Flur des Erdgeschosses einen Fernseher samt Tropfständern aufgebaut. Ich inmitten dahinsiechender Patienten. Samstag entließ man mich, ich musste zuerst eine Pizza essen. Schonkost my ass. Mir war Ruhe, Diät und ein montägliches Blutbild verordnet worden. Ruhe! Diese Ärzte! Quacksalber, allesamt.

1 comment:

Anonymous said...

mmh, "ungebremster Laberwahn" gilt anscheinend nicht nur für Regionalzüge sondern auch für deinen blog... was für ein Mitteilungsbedürfnis! Dafür amüsant, "Schonkost my ass" merk ich mir... wünsche schönes WE