Friday, July 10, 2015

Das Land da ganz rechts außen

Manchmal kann es in der Politik sehr schnell gehen. Nur ein gutes Dreivierteljahr nach der ersten Pegida-Demonstration in Dresden, nach erst 31 Angriffen auf Asylbewerbereinrichtungen bis Mai in Sachsen, nach einem Ansteigen rechtsmotivierter Gewalttaten und nur wenige Wochen nach dem brennenden Flüchtlingsheim von Meißen trat CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich vor den Sächsischen Landtag und verurteilte Rassismus. Da hat sogar die Opposition geklatscht.

Nach zähen Monaten des Herumlavierens, Schönredens und des Augen Verschließens hat er sich kurz vor der politischen Sommerpause doch mal geäußert. Nicht, dass er davon sprach, dass der Freistaat Sachsen ein Problem mit rechter Gewalt und Fremdenhass hat...nein. Nur der Allgemeinplatz, dass Rassismus nicht gut sei, las er von seinem Manuskript ab. Sachsen sei ein Land der Weltoffenheit und Toleranz, so Tillich.

Na da bin ich ja mal gespannt, wie ihm die Menschen in den Sommerferien, in Rom, an der Ostsee, im Harz begegnen werden. "Mensch, Tillich! Stark, wie ihr auch die rechten Ränder der Gesellschaft versucht in den Dialog einzubeziehen. In Sachsen wird Toleranz gelebt!" Ich habe meine Zweifel, ob dieser Satz oft zu hören sein wird. Die allgemeine Wahrnehmung tendiert wohl eher in Richtung: "Sachsen? Das ist doch diese Nazihochburg, wo Asylbewerberheime brennen."

Die Selbstwahrnehmung in der sächsischen Union sieht natürlich völlig anders aus. Der konservativste Landesverband der CDU, in dem der Landeschef noch zu Beginn des Jahres mit den Worten "Der Islam gehört nicht zu Sachsen" gegen die eigene Kanzlerin opponieren durfte, sieht kein Problem mit rechts. Statt von ausländerfeindlichen, vom Hass getriebenen Menschen in Freital spricht man auch lieber von "besorgten Bürgern."

Da gibt es Unions-Landtagsabgeordnete wie Sebastian Fischer aus Großenhain, der unter rassistischen Facebookposts ein Like vergibt. Da gibt es seine CDU-Parlamentskollegin Daniela Kuge, die mit der Meißner "Initiative Heimatschutz" in Gesprächen bleiben will. Just jene von Rechtsextremen dominierte Initiative, die gegen das abgefackelte Asylbewerberheim hetzte und noch am Abend des Brandes ein Transparent an eine Brücke hängte. So geht Sächsisch.

In der Selbstwahrnehmung der CDU ist der Freistaat ein Land der Tüftler und Denker, wie ein Bezahlsupplement in der vergangenen Woche suggerieren sollte. Da wird die kleine Zelle linksradikalen Widerstands im Leipziger Süden zum Untergang des Rechtstaates hochgejazzt, da wurden Sonderkommissionen gegründet und der (CDU)-Innenminister versprach ein härteres Vorgehen gegen Linksextremisten...und nur eine Woche später brennt ein Asylbewerberheim in Meißen.

Sachsen kann kein rechtes Problem haben, weil Sachsen kein rechtes Problem haben kann. So sieht es die Union im Freistaat. Denn, hätte Sachsen ein rechtes Problem, wer wäre politisch dafür verantwortlich? Wer hat seit der Wende die Geschicke, die politische Stimmung im Land gelenkt? Wer hat politisch die Gesellschaft zu verantworten, in der 25-Jährige bei Pegida "Ausländer raus!" und "Lügenpresse" und "Vaterlandsverräter" brüllen? Ich mag mich täuschen, aber es könnten die Politiker, die Partei sein, welche Sachsen seit 25 Jahren führen.

Seit der Wende regiert eine Partei dieses kleine Bundesland, da ganz rechts außen auf der Deutschlandkarte. Die CDU.

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