Monday, March 26, 2012

Deutsch – Die lustige Idee

Heute wurde das deutsche Staatsoberhaupt gewählt. Seit Tagen schwang sie im Hintergrund der Debatte mit, die Frage: Was ist deutsch? Was macht es aus, deutsch zu sein?
Blut? Familie? Pass? Kultur? Wertegerüst? Sprache? Bieratem, Pünktlichkeit und Jägerzaun?


Sprache – ganz klar. In Deutschland wird deutsch gesprochen! Man spricht hier Deutsch - eine schöne Sprache. Die Sprache von Goethe, Heine und Dürrenmatt. Nun war Dürrenmatt Schweizer. Heine wurde von den Nazis verbrannt (also seine Bücher). Wenn ich es mir recht überlege, sprechen auch ausländischen Freunde ein durchaus passables Deutsch, ohne dabei gleich ihre Staatsangehörigkeit aufzugeben.

Ich bin Deutscher – sagt mein Pass, und dieses Visa-Formular. Das sagt auch der Ariernachweis meiner Urgroßeltern. Nun ja, bin ich also seit mindestens sechs Generationen Teutone.
Hurra!
Was aber ist mit Oskar Lafontaine zum Beispiel, und Thomas de Maizère? Beide haben Vorfahren hugenottischen Ursprungs, wären demnach Franzosen, oder wächst sich sowas aus mit den Jahren, mit den Generationen?

Nun bin ich auf deutschem Boden groß geworden. Aber sind das nicht auch Jerome Boateng oder Mesut Özil?
Ich esse gern Hackepeter und Leberwurst, aber überdies bin ich ein großer Freund von Gruyere, Bigos und Döner, Champagner, Panna Cotta und Ramen-Nudeln.


Diese Zuordnungen: Familie, Blut, Sprache, Kultur, Pass sind

allesamt großer Quatsch.

Was ist ein Staat mehr als die konstituierte Gesamtheit all seiner Bürger. Deutschland stellt sich mir vor allem als eine Idee dar. Die Idee von Freiheit, Achtung vor dem Gegenüber und Glück. Deutsch zu sein bedeutet für mich ein leben und leben lassen; bedeutet für mich Offenheit und stetigen Wandel. Zum deutsch sein kann man jeden einladen, jeden, der einen besseren Ort für die Menschen schaffen will. Ich kann nicht sagen, ob ich stolz darauf bin Deutscher zu sein. Aber ich trage meinen Teil dazu bei, Deutschland zu einem lebenswerten Ort für alle Menschen zu machen. Oder ich habe zumindest diesen Anspruch. Schließlich habe ich in der jüngeren Vergangenheit keinen Krieg vom Zaun gebrochen oder einen Ausländer verhauen.

Ob sich das nun abgrenzt von anderen Staaten, ob die Systeme, die Verfasstheiten der USA oder Chinas meinetwegen wirklich ein Gegenentwurf zu Deutschland sind, oder bloß eine andere Ausprägung des gleichen Ansinnens – ich kann es nicht sagen.

Deutsch, das sind die Taten der Bürger.



(Nummer 300 schon - hätte auch lieber was schönes, neues, lustiges und aufregendes zum "Jubiläum" geschrieben...)

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