ACHTUNG - Zynismus
Dieses Wochenende saß ich Abends mit Freunden bei einem Bier zusammen. Mit dem angemessenen Abstand träger Hirne bewerteten wir die Ereignisse von Winnenden und die damit einhergehenden Reaktionen. Wir waren uns einig: der Amok-Läufer war ein Totalversager - auf ganzer Linie. Da geht noch einiges. In der medialen Diskussion (man denke nur an das ZEIT-Geschmiere) kamen die Themen Effizienz, Effektivität und Professionalität viel zu kurz.
Eben diese vermisst man.
So lassen es die Täter gegenüber ihren Opfern an einer kritischen Distanz fehlen. Warum hat der badische Amokläufer nur Mädchen erschossen (und einige Unbeteiligte)? Bei einer so ernsten Angelegenheit wie einem Amoklauf sollte man kühl, distanziert und objektiv vorgehen. Zum einen sollte man auch in diesem Bereich Chancengleicheit wahren – niemand sollte über Gebühr bevorzugt oder benachteiligt werden. Dies erleichtert auch den Angehörigen die Trauerarbeit, erübrigt sich doch die Frage nach dem „Warum?!“ Ganz einfach, das Opfer war in der Schusslinie, und Rekorde wollen gebrochen werden – thats´s all. Zum anderen schränkt die Festlegung auf einen bestimmten Personenkreis die Zahl potenzieller Opfer doch erheblich ein. Da der klassische Amokläufer eine totale Flachzange ist, kann man davon ausgehen, dass dieser eher an einem albernen Rachefeldzug statt an der Einstellung von Rekorden interessiert ist. Klar, warum sollte jemand der fett, hässlich und ein Mobbing-Opfer ist, im Zuge seiner letzten Tat sportlichen Ehrgeiz an den Tag legen.
Die Opfer (womit ich die Täter meine) stellen Todeslisten auf (was sich, wie bereits ausgeführt, hemmend auf das angestrebte Ergebnis auswirkt), damit ist für sie die Planung bereits abgeschlossen.
Wo bitte bleibt die Öffentlichkeitsarbeit? Solch ein faux-pas wie nach Winnenden, als man unkritisch gefakete Forenbeiträge übernahm, wäre nicht passiert, hätte der Attentäter im Vorfeld der Presse vernünftig zugearbeitet. Über einen Amoklauf ließe sich so großartig berichten! Ein mediales Großereignis wie Olympia, die Tour-de-France oder N24-Wurstwaren-Dokus. Wie langweilig sind doch O-Töne traumatisierter Schüler und verstörter Eltern. Wie inhaltsleer sind Bilder abgesperrter Schulgebäude. Totale Berichterstattung! Interviews mit allen wichtigen Protagonisten, Veröffentlichung von Presseerklärungen durch die Amokläufer. Foreneinträge sind nur etwas für soziophobe Mobbingopfer. Schon längst gibt es Positivbeispiele für engagierten Journalismus, wenn ich an die Geißelnahme von Gladbeck erinnern darf. Der Journalist muss im Sinne einer allumfassenden Berichterstattung auch bereit sein, Risiken einzugehen. Warum nur Betroffenheit heucheln, wenn man Treffer zeigen kann?
Wie gesagt, das setzt eine intensive Vorbereitung der Täter voraus. Neben Munition sollte man also über ausreichend Presseerklärungen und ein telegenes Äußeres verfügen. (Unter Beachtung dieser Prämisse wäre dieser Text obsolet, da Amok-Läufer naturgemäß hässlich wie die Nacht sind.) So klappt das auch mit den 15 Minuten Ruhm. Überdies sollte man, um Panik zu vermeiden, ein freundliches und zuvorkommendes Verhalten an den Tag legen. Panik schadet nur dem bodycount. Will man effektiv metzeln, ist es wichtig, dass beide Seiten cool bleiben.
Das führt mich gleich zum nächsten Punkt. Unser badischer Schütze hat 200 Schuss für nicht mal 20 Leute benötigt. Scharfschützen des USMC haben in Vietnam 1,2 Schuss je Opfer benötigt, ein Vorbild an Effizienz! Hat sich der Typ überhaupt Gedanken darüber gemacht, wie schädlich Blei für die Umwelt ist?! Unmensch! Warum setzt sich Greenpeace nicht für ökologisch einwandfreie und effiziente Amokläufe ein? Bei zielgerichteter oder viel mehr bei aufs Zielen ausgerichteter Vorbereitung sollten ohne Weiteres bei 200 Schuss 100 Treffer möglich sein. Man könnte jetzt vorschlagen, die Betroffenen doch in Reihen hintereinander aufzustellen, um weiteres Bleivergießen zu vermeiden. Dabei vergisst man jedoch, dass es sich in den beschriebenen Fällen um Schüler handelt – man kann froh sein, wenn sie überhaupt pünktlich zum Amoklauf erscheinen.
Eine solch distanzierte, durchdachte und objektive Herangehensweise ist sehr wichtig, auch in der Nachbereitung eines solchen Ereignisses. Da man rational und nach sachlich einwandfreien Motiven gehandelt hat („Ich wollte mehr schaffen als Robert Steinhäuser.“) kommen die Richter nicht in Versuchung einen für verrückt zu erklären. Das heißt: lebenslänglich, und wenn man sich gut führt ist man nach 15 Jahren wieder draußen. Diese Zeit kann man gewinnbringend nutzen, um sich dank der hervorragenden Pressearbeit medial zu vermarkten. Es gibt Vorbilder.
Charlie Manson ist ein Popstar! Wenn er nicht gesiebte Luft atmen müsste, würde er bei Oprah und Jay Leno Millionen verdienen! Nicht zu vergessen seine Bücher und (unlizensiert vermarkteten) Aufnahmen.
Damit wären wir schon bei der letzten, abschließenden Problemstellung. Pressemappen, Portfolios, gute Fotos, Munition, Waffen, all das kostet Geld. All das will bezahlt werden. Eine Kreditfinanzierung scheidet in Anbetracht der Wirtschaftslage, und des Verletzungsrisikos (brutale, schießwütige Prügelbullen ohne Respekt vor dem menschlichen Leben, der marode Zustand deutscher Schulgebäude) wohl aus. Da aber durch mediale Vermarktung, Bücher, Fitnessvideos und Winnenden-Actionfiguren viel Geld reinkommen sollte, bietet sich die Ausgabe von Anteilscheinen, von Aktien an. So wirkt das ganze auch professioneller. Warum nicht mal über Patenschaften für Amokopfer nachdenken? Schüler könnten von Tür zu Tür gehen und Kekse verkaufen, um Geld für einen Amoklauf an ihrer Schule zu sammeln – die Möglichkeiten sind grenzenlos! Man kann einen Vertrag mit Christian Pfeiffer schließen. Er bekommt drei Interviews in überregionalen Medien zugesichert – dafür behauptet man: „Christian Pfeiffer zahlt mir Geld, damit ich meine Freunde töte.“ Wie man sieht, mit Ehrgeiz, Opferbereitschaft und einem gewissen Maß an Geschäftssinn wird aus einem Amoklauf ganz rasch eine Win-Win-Situation.
Also, liebe, dicke Moppelkinder ohne Freunde und Selbstwertgefühl, wenn ihr vorhabt eure Schule in ein Tal der Tränen zu verwandeln, bezeugt euren Opfern gegenüber bitte den nötigen Respekt, und legt ein entsprechendes Maß an Professionalität an den Tag.
Interpretationssansätze:
Berichterstattung der Medien über das Gemeuchel von Winnenden. Alles was man zu sehen, zu hören und zu lesen bekam, waren traumatisierte Kinder, verstörte Eltern und heuchelnde Politiker. Dann doch lieber Eisbärenbabys. Steigert die Auflage im gleichen Maß.
Blinde Rekordjagd und Leistungsglaube in den Bereichen Sport, Wirtschaft und Frank-Schätzing-Bücher.
Fette, gemobbte Kinder, die selbst zu dumm sind, einen Amoklauf mit Würde über die Bühne zu bringen.
Christian Pfeiffer
„Betroffenheit“ Keinem ist geholfen, wenn man den Familien der Opfer sein Mitgefühl ausspricht (sämtliche Politiker, außer dem thüringischen Innenminister, Manfred Scherer, der anbot Krisenpsychologen nach Winnenden zu entsenden). Niemand wird lebendig durch Blumenkränze, Kerzen und hervorgepresste Tränen – Heuchelei und Voyeurismus verborgen unter einer schwarzen Armbinde.
Mitleid - Ich kann mit niemandem leiden, den ich nie kannte, der für mich nie existierte. Daran ändert auch mediale Präsenz nichts. Ich kann keine Trauer, kein Entsetzen, nicht mal primitive, voyeuristische Freude über ein Ereignis empfinden, dass fernab meiner Lebenswelt, meiner Realität existierte. In meiner Realität gab es kein Winnenden, kein Erfurt. Ich weiß nicht, ob diese Ereignisse tatsächlich stattfanden – alles was ich erlebt habe, ist die mediale Vermittlung. Für mich durch nichts von einer Inszenierung zu unterscheiden.
2 comments:
This is sick!
Hope you dont mean it.
Thanks for telling katja how to use skype, now she´s calling me EVERY night!
Have a nice week in Berlin
Du Wahni!!!
Wenn Die dich mal nich wegen sowas wegschnappen.
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